Blogeintrag: Abenteuer Frachtschiff

Seezeit 170895,2345,46: Viele träumen davon, einige reden darüber und wir haben es umgesetzt. In rund 6 Stunden heisst es: Leinen los! Der Reisebericht der Hansy Visby mit Kurs nach Kolumbien.

Reisedauer: Möglich ist alles: In 99 Tagen bis nach Australien oder wie wir in 10 Tagen in die Karibik. 3 Wochen sollten in der Ferienplanung eingerechnet werden, da oft noch ein Landaufenthalt am Ziel vor dem Rückflug in die heimische Welt eine solche Reise abrunden. Ideal für Paare jeden Alters, Familien, aber auch Einzelreisenden.

Reiseweg: Zürich-Brüssel-Hafenpier-Seereise-Martinique-Zürich

Die Auszüge aus dem Original Reise-Tagebuch:

Donnerstag 17.08.
Ich sitze an einem Pult in unserer Kabine Nr. 304 auf der Hansa Visby. Vor mir zwei viereckige Bullaugen mit Blick auf drei grosse Ladeluken und die dazugehörigen Kräne. Es ist Mitternacht, doch noch jetzt werden Container verladen. Noch vor Stunden hat mir dieser Stahlkoloss Angst gemacht, schlimme Visionen von Untergang, Schlamperei etc.. Doch nun fühle ich mich schon bereits nach kürzester Zeit heimisch und richtig wohl.

Freitag 18.08.
Einen erlebnisreichen ersten Tag auf See haben wir hinter uns. Ausgiebig geschlafen, unser Frühstück war bereits nach Bordzeit das Mittagessen. Einmal die 156 Meter Länge hin- und zurück abgelaufen. Immer wenn man die heimelige Kabine verlässt und auf das weite Meer schaut, strömt eine ungeheure Ruhe auf einen ein. Die Fahrt wie von Geisterhand durch die Weiten der Meere. Mit ca. 22 km pro Stunde (12 Knoten) sind wir durch den Ärmelkanal in Le Havre eingelaufen. Als Passagier ist man hier auf sich alleine gestellt, man kann tun und lassen, was man will.

Samstag 19.08.
Erster Landgang in Le Havre, wir nutzen die letzte Einkaufsmöglichkeit für die nächsten 10 Tage. Den späteren Nachmittag verbringen wir mit Lesen auf Deck. Der diensthabende 1. Offizier erklärt uns die Hackordnung unter den Schiffen und es wird uns bewusst, in welche Gefahren sich Hobbysegler begeben. Den Abend verbringen wir mit drei Offizieren an der Bar. The day is going, Jonny Walker is coming.

Sonntag 20.08.
Der Sonntag gehört auch hier zu den Ruhetagen. Bei Windstärke 4 schaukeln wir gemütlich vor uns hin. Inzwischen haben wir die Offiziere näher kennen gelernt. Wir wissen, wann sie ihre Schichten haben und was zu ihren Pflichten gehört. Zugegeben, in sitzender oder liegender Position lässt sich das Schaukeln leichter ertragen. Doch ein grosses Lob an Beni, er serviert den Nachmittagskaffee drei Decks weiter oben mit vollem Inhalt. Lediglich zwei Kekse haben den Abflug gemacht. Heute wird die Uhr eine Stunde zurückgestellt.

Montag 21.08.
Es scheint zur Gewohnheit zu werden, dass das Mittagessen unser Frühstück ist. So haben wir mit Kohlrouladen den Tag begonnen. Der Mittagsplausch mit dem Kapitän ging bis zum frühen Nachmittag. Heute wurden wir in die Unternehmensgeschichte eingeführt. So eine Reederei unterscheidet sich nicht gross von andere Industrieunternehmen. Zentralisierung, Marktbereinigung, Stellenabbau. Die romantische Vorstellung vom einfachen Anheuern gibt es schon lange nicht mehr. Der Pool ist gefüllt und die Wassertemperatur beträgt stolze 21 Grad. Überflüssig zu erwähnen, was wohl im Pool schwimmt. Aufblasbare Bananen. Die Zeit vergeht wie im Flug, und das beständige Auf- und Ab bemerkt man nur noch im Stehen.

Dienstag 22.08.
Mit einem Fast-Purzelbaum rückwärts in meiner Koje beginnt der Tag gegen neun Uhr. Was war geschehen? Der Kapitän liess die automatische Steuerung der Motoren einstellen, für welche die Schiffsschraube, deren Durchmesser 5,85 Meter ist, zum Stillstand gebracht werden musste. Erst kurz vor Mittag wurde die Fahrt wieder aufgenommen und die Hansa Visby wieder stabilisiert.

Mittwoch 23.08.
Rollend versuche ich noch die abendlichen Zeilen. Rollen bezeichnet man das links/rechts Schwanken des Schiffes. Bereits letzte Nacht rollten wir wie Kügelchen im Bettchen hin und her. Reichlich unausgeschlafen gehen wir Richtung Frühstück, heute sind sogar die Marmelade-Töpfchen auf dem Tisch besonders gesichert. Normalerweise trifft man dieses Wetter nördlich der Azoren an und nicht südlich. Doch die interessanten Kapitäns-Gespräche lenken uns bald ab.

Donnerstag 24.08./Freitag 25.08.
Begonnen haben wir am Donnerstag mit einer ausgiebigen Führung durch den Maschinenraum. Die MAN Maschine mit ihren sieben Zylindern sowie das 30 Millionen teure Kühlsystem sind sehr imposant. Nicht nur die computergesteuerte Schaltzentrale, sondern eben auch all die Ventile, Motoren, Generatoren und Werkbänke. Eine richtige Kleinstadt für sich. Alles ist immer doppelt gesichert im Fall eines Falles. 24 Tonnen Brauchwasser stellt diese Stadt pro Tag her, 12 Tonnen verbrauchen die Menschen inkl. Waschmaschinen. Für den Treibstoff, welcher erstmal erhitzt wird, stehen zusätzlich noch Zentrifugen zur Verfügung. Kaum vorstellbar, dass wir uns mit einem 2-Takter fortbewegen.

Am Abend dann ein weiterer Höhepunkt: das Kapitäns-Picknick. Haben wir doch jeden Tag das Vergnügen eines Käptn’s Dinner, was dies doch nochmals eine Steigerung. Um sieben Uhr ging es los. Zwanglos wurden auf dem Deck ein Tisch und Stühle aufgebaut. Die drei Offiziere und die Maschinen-Crew steuerten noch Weine aus dem Privatvorrat bei. Und zum Essen gab es eine Käseplatte mit – man staune – Baguette, welches anlässlich hierzu beim Agenten in Le Havre geordert wurde.

Samstag 26.08.
Das Schiff rollt heute sehr stark. Heute besichtigen wir mit dem Chief Officer Wolfgang Oberquelle die Laderäume des Dampfers. Vier Decks, die gekühlt werden, können mit bis zu 265'000 Bananenkisten beladen werden. Nebst den Kühlräumen sehen wir uns die Löschanlagen an. Hier wird im Notfall nicht mit Wasser gelöscht, sondern dem Feuer mit CO2 die Luft abgedreht. Heutige Schieflage: 18 Grad.

Sonntag 27.08.
Die Schieflage hat sich in ein wildes Auf- und Ab verwandelt. Bewölkter Himmel und stürmische See. Die alten Seebären versichern uns natürlich, dass dies noch gar nichts ist. Die heutigen Aktivitäten beschränken sich auf Lesen in der Horizontalen. Selbst das Zähneputzen wird zu einem gewagten Unternehmen. Doch sitzend geht auch das.

Montag 28.08.
Wir haben Guadeloupe erreicht. Nach 8 Tagen auf See haben wir wieder festen Boden unter Füssen. Der Anlegeplatz ist hier ideal, zu Fuss können wir in die Stadt. Für den Abend mieten wir ein Auto und chauffieren die ganze Offiziers-Crew für ein gemeinsames Abendessen zu Chez Diana.

Dienstag 29.08.
Den Hafenarbeitern hier zuzuschauen ist eine Pracht. In ihrem langsamen Tempo nach dem Motto “Vier arbeiten und sechs schauen zu” wird einem klar, warum wir hier fast zwei Tage liegen. Um 19 Uhr heisst es Leinen los. Doch das Manöver diesmal war sehr eigenartig. Der einzige Schlepper der Insel zog uns rückwärts in die Hafenstrasse. Grosses ungläubiges Staunen nicht nur bei uns, denn die Maschine sprang nicht an. So wurden wir von Schlepper Boris noch gedreht und schliesslich kam die Power und wir konnten mit eigener Kraft weiterkommen. Gedrückte Stimmung auf der Brücke und ein Nachteinsatz der Jungs. Die Klappe, welche die Luft an die Zylinder führt, hatte geklemmt.

Mittwoch 30.08.
Zollformalitäten, diesmal wollen die Herren uns persönlich begutachten. Ein letztes ausgiebiges Frühstück an Bord der Hansa Visby, bevor wir herzlich Abschied nehmen.

Ideale Reisezeit:
Abhängig von Reiseziel und Kursplan der Frachtschiffe.

Reisebudget: Pro Tag und pro Person muss mit ca. 90 Euro budgetiert werden. Die Leistung enthält spezielle Versicherungen, Vollpension (5 Mahlzeiten) an Bord, Kabine, die meist sehr grosszügig mit 20qm bemessen ist. Es können nicht mehr als 12 Passagiere pro Frachtschiff transportiert werden.

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